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Verwesliches oder
Tabu Tod                          4. Dezember 2002

Verwesliches oder Tabu Tod

Hamlet, Shakespeares Erfindung, sprach mit dem durch Verwesung
gereinigten Kopf des ehemals lustigen Mannes, den er in ihrer 
gemeinsamen Lebenszeit geliebt hatte.

Er sprach mit einem Schädel in gutem Zustand, da gab es keine 
fleischlichen Reste, keine Spuren der ehemaligen Gestalt. Hamlet
hatte keine Scheu, er spürte eine Leibhaftigkeit vor sich, die real
nicht existierte. Das aber ist für einen Mann wie Hamlet nichts
Besonderes. Rasch, zu rasch fast stellte er sich immer wieder 
auf Neues ein, ohne zugleich das Alte ins Jenseits zu verschieben. 
Hamlet hatte Glück: Verwesung dauert bei günstigen Bedingungen 
acht Jahre, schon nach fast halber Zeit kann alles Fleisch vergangen
sein.

Hamlet hatte Glück: er hätte auch durch den Totengräber, der ein 
neues Grab vorbereitete, einen Wachskopf in Händen halten können. 
Hätte er ...? Nein, er hätte, halb erstarrt, diesen Scheintoten mit den 
toten Augen von sich gewiesen, kein Dialog wäre entstanden, nicht 
einmal ein Shakespeare hätte dafür die erforderlichen Worte gefunden. 
Glücklicher, armer Hamlet, einen sauberen Schädel in Händen zu halten. 
Keine Stickstoffbelastung des Bodens als Todesfolge des väterlichen 
Freundes. Doch der eigene Vater durch Mörderhand mit giftigen 
Tropfen in den Gehörgang hingerafft.

Leiche auf Leiche gibt es nicht nur in Shakespeares "Hamlet". Die 
Königsdramen quellen geradezu über von Verwesungsproblemen. In 
lehmig dichtem Boden geschieht nichts, keine Verdauung der Leichen 
in und durch sich, durch die eigenen Gase aus hausgemachten 
Körperdarmlinien. Ja, es ist ein Jammer mit den Toten, die den Boden 
belasten.

Lassen wir den Königssohn mit seinem Unglück nicht allein, wir sollten 
ihn trösten. Beinahe wäre er den geliebten Lippen näher gewesen, doch 
die Verwesung klappte vorzüglich, Nichts da von den vielen heutzutage 
auftauchenden Wachsleichen.

Kein Gewässerschutz ist erforderlich, wenn der Bodenschutz gegeben ist. 
Doch die Nähe zu Friedhöfen birgt Gefahren. Man kannte sie nicht. Man 
verschließe vorsichtshalber des eigenen Friedens wegen die Augen. Nur 
träumen darf niemand nach dem Augenschluß.

Rascher Tod ist guter Tod. Schnelle Verwesung war für den Dänenprinzen 
die Voraussetzung. Ohne den notwendigen Sauerstoff, die Wasserableitung, 
den Luft- und Lustaustausch, Schwefelwasserstoff, Streptokokken, 
Clostridien, coliforme Bakterien, Salmonellen hätte Hamlet den sauberen 
Schädel kaum länger überlebt als durch den feindlich gesonnenen Degen, der 
ihn in die gleiche Situation brachte.

Wie verwese ich rasch, sauber und unschädlich? Ein Thema, das auf uns als 
böses Erbe, von moderner Wissenschaft ausgegraben, zukommt.

Frank Arlig

Letzte Aktualisierung dieser Seite 04.12.02 (Die Inhalte können natürlich neuer sein)

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